Sensorische Überforderung
Sensorische Überforderung, pixabay/Foto illustrativ

Im Stadtteil Handschuhsheim entsteht ein besonderer Raum für Menschen mit sensorischer Überforderung. Das Modehaus Niebel in Heidelberg verzichtet jeden Mittwoch bewusst auf Lärmquellen und schafft so eine entspannte Einkaufsatmosphäre. Die Idee stammt aus Neuseeland und wird nun erstmals in der Region umgesetzt.

Inhaltsverzeichnis:

Modehaus Niebel in Heidelberg führt mittwochs ruhige Einkaufszeit ein

Jeden Mittwoch von 17 bis 18:30 Uhr verzichtet das Modehaus Niebel in Heidelberg-Handschuhsheim auf Musik, Durchsagen und Umräumaktionen. Dieses neue Angebot richtet sich an Menschen, die unter Reizüberflutung leiden, etwa Personen mit Autismus oder anderen sensorischen Empfindlichkeiten.

Die Initiative basiert auf einem Konzept aus Neuseeland. Dort hatte ein Supermarktmitarbeiter mit autistischem Kind die Idee für eine reizreduzierte Einkaufszeit entwickelt. In Ländern wie der Schweiz oder Großbritannien ist dieses Modell bereits weit verbreitet. Nun zieht auch Heidelberg nach.

Carmen Niebel, Inhaberin des Modehauses, betont den geringen Aufwand: „Mit vergleichsweise einfachen Mitteln können wir viel erreichen.“ Sie hofft, dass weitere Händler in der Stadt dem Beispiel folgen.

Café Nomad beteiligt sich mit stiller Stunde

Nicht nur das Modehaus Niebel setzt das Konzept um. Auch das Café Nomad im gleichen Gebäude beteiligt sich an der Aktion. Dort wird an jedem ersten Mittwoch im Monat von 16 bis 17 Uhr auf Musik und störende Geräusche verzichtet. Gäste erleben eine stille, entspannte Kaffeehausatmosphäre. Diese Maßnahme soll den Aufenthalt für sensible Menschen angenehmer gestalten.

Die ruhige Stunde soll dabei nicht nur Menschen mit Behinderung zugutekommen. Auch ältere Menschen, Familien mit Kleinkindern oder Menschen mit psychischen Belastungen profitieren davon. Ziel ist eine offene, inklusive Umgebung für alle.

Unterstützung aus Politik und Stadtgesellschaft

Die Aktion wird von der Stadt Heidelberg aktiv begleitet. Christina Reiß, kommunale Behindertenbeauftragte, hatte die Idee im vergangenen Jahr aufgegriffen. Eine Online-Umfrage bestätigte das große Interesse in der Bevölkerung. Valerie Gebhard aus ihrem Team betont, dass damit die Bedürfnisse sichtbar gemacht werden sollen, die oft unbeachtet bleiben.

Auch Stefanie Jansen, Bürgermeisterin für Soziales, Bildung und Chancengleichheit, lobt das Projekt. Der Verein Pro Heidelberg unterstützt es ebenfalls. Nicolina Visevic verweist auf die Bedeutung von Service und Vielfalt im Einzelhandel. Für sie ist die Initiative ein Signal, dass Kundenzufriedenheit auch in neuen Formen gedacht werden kann.

Weitere Ausweitung geplant

Carmen Niebel möchte das Projekt über ihr eigenes Geschäft hinaus bekannt machen. Sie setzt sich dafür ein, dass andere Einzelhändler in Heidelberg ebenfalls ruhige Zeiten einführen. Gespräche mit Partnern laufen bereits. Ziel ist es, die inklusive Einkaufsstunde als festen Bestandteil im Stadtbild zu etablieren.

Ein langfristiges Ziel ist die regelmäßige Umsetzung in mehreren Stadtteilen. Die Stadtverwaltung prüft derzeit, wie sie das Konzept weiter fördern kann. Denkbar sind etwa gemeinsame Informationskampagnen oder Schulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einzelhandel.

Quelle: HEIDELBERG24